Zuerst wurden 32 Sternensymbole, eine Kreisscheibe und eine Sichel aus Goldblech in die Bronzescheibe eingelegt. Dann ergänzte man an zwei gegenüberliegenden Seitenrändern goldene Randbögen, die drei Sterne verdeckten. Danach wurde ein goldener kreisrunder Sonnenbogen hinzugefügt, an dessen Längsseiten kleine Kerbstriche zu sehen sind. Zum Schluss sind am Rand der Bronzescheibe Löcher eingeschlagen worden, die auch in den vorhandenen Goldbögen zu sehen sind. Irgendwann ging einer der beiden Randbögen verloren oder er wurde entfernt, was als weitere Phase gilt.
Archiv der Kategorie: HvN – Bedeutung ganz einfach erklärt
1.2 Die Himmelsscheibe von Nebra gilt als weltweit älteste konkrete Abbildung des Sternenhimmels
Die frühbronzezeitliche Himmelsscheibe wurde 1999 von Raubgräbern auf dem Mittelberg bei Wangen / Nebra in Sachsen-Anhalt gefunden.
„Als ältestes mögliches Datum für die Herstellung der Himmelsscheibe erscheint uns der Beginn des 2. Jahrtausends plausibel. […] Die maximale Nutzungsdauer hätte etwa 400 Jahre, die minimale etwa 100 Jahre betragen. […] Unstrittig ist, dass die Himmelsscheibe zusammen mit den Beifunden um 1600 v.Chr. deponiert wurde“ (Meller, 2005: 301 Harald Meller, 2005. Der geschmiedete Himmel. Theiss-Verlag.).
- 1Harald Meller, 2005. Der geschmiedete Himmel. Theiss-Verlag.
1.3. Sterne des Tierkreises etwa an den Enden und in der Mitte der Horizontbögen
Die Sternenpaare, die in der Zeichnung der Himmelsscheibe orange markiert und durch Linien miteinander verbunden sind, könnten jeweils den Anfang und das Ende der Extremstellungen des Tierkreises anzeigen.
Jeweils zwei helle Sterne aus dem Tierkreis waren in den Nächten der Solstitien und Äquinoktien, ungefähr zeitgleich nach Sonnenuntergang, im Osten und Westen zu sehen:
Spica / Jungfrau + Hamal / Widder
Hamal / Widder + Zubenelgenubi / Waage
Deneb Algedi / Steinbock + Regulus / Löwe
Castor / Zwillinge + Nunki / Schütze
1.4. Die fünf mit bloßem Auge sichtbaren Planeten
Zwei von den in der Zeichnung grün markierten Sternen scheinen die Inneren Planeten Merkur und Venus darzustellen, die immer in Horizont- bzw. Sonnennähe zu sehen sind. Denn diese umrunden die Sonne auf kleineren Kreisbahnen als die Erde. Daher sieht es von der Erde so aus als würden sie nur morgens oder abends seitlich der Sonne hin und her pendeln.
Hingegen können die Äußeren Planeten Mars, Jupiter und Saturn außerhalb der Sonnenbahn, auf ihren kompletten Kreisbogen gesehen werden. Somit erreichen diese auch im Süden ihren Höchststand.
Alle Wandelsterne ziehen, ebenso wie Sonne und Mond, vor den hellen Sternen des Tierkreises ihre Bahnen. Und zwar jeweils in ihrer eigenen Zeit, Bewegung und Höhe entlang der gemeinsamen unsichtbaren Mittellinie, der Ekliptik.
Die mit bloßem Auge sichtbaren Planeten vor dem Hintergrund des Tierkreises
1.5. Blick in das südliche Himmelsgewölbe der Bronzezeit
Zwischen zwei großen Sternenkonstellationen vergingen genau 6 Stunden.
Je höher die rot markierten Sterne der Himmelsscheibe über der grünen waagrechten Horizontlinie stehen, umso nördlicher sind sie zugleich. Die senkrechte Linie stellt den Meridian dar; ein Großkreis, der von jedem Standort aus theoretisch die Erde durch beide Himmelspole umspannt.
Im südöstlichen Viertel der Bronzescheibe wurde scheinbar eine größtmögliche Ost-West-Konstellation verbildlicht. Ein Dreieck aus Arcturus / Bärenhüter, Antares / Skorpion und Altair / Adler, der soeben nahe dem Ostpunkt aufgegangen war.
Zeitgleich stand ihm der letzte Stern des Wintersechsecks Procyon (1x) / Kleiner Hund nahe dem Westpunkt gegenüber, direkt vor seinem Untergang. Und über dem Nordpunkt standen die beiden Deichselsterne vom Kleinen und Großen Wagen übereinander, Polaris und Alkaid.
Im südwestlichen Himmelsgewölbe war ˈunser Wintersechseckˈ zu sehen; Capella / Fuhrmann, Pollux / Zwillinge, Aldebaran / Stier, Procyon (2x) / Kleiner Hund, Rigel / Orion und Sirius / Großer Hund.
Zeitgleich befanden sich Vega / Leier im Nordpunkt und Deneb / Schwan etwas weiter westlich am Horizont. – Durch die jeweiligen dazugehörigen Sterne am nördlichen Horizontrand konnten die Positionen der Konstellationen exakt definiert werden.
Anhand dieser Dreieck- und der Sechseck-Konstellation war es dem Schöpfer der Himmelsscheibe damals möglich zwei gleichgroße Viertel des Himmelsgewölbes und eine Viertel Umdrehung desselben zu definieren.
Achtung: In stereographischen Computerkarten stimmen die Winkel der Sternbilder, aber dafür leider nicht die Abstände, die zum Rand hin immer größer werden. Das liegt daran, dass ein dreidimensionales Ereignis immer nur zweidimensional dargestellt werden kann.
1.6. Blick in das nördliche Himmelsgewölbe
Die hellblau markierten Sterne scheinen die Zirkumpolarsterne zu symbolisieren. Damals umkreisten sie einen sternenlosen Himmelsnordpol.
Wenn wir auf der senkrechten grünen Linie, dem Meridian, von allen hellblau markierten Sternen den Mittelpunkt ihrer Kreisbahnen ermitteln, müsste dies die Position des Nordpols (1x) auf der Himmelsscheibe von Nebra sein.
Die Höhen und Abstände der ermittelten Bahnen ähneln den Angaben im Computerprogramm STELLARIUM. Für den 51. Breitengrad wären es die hellen Sterne: Vega auf der niedrigsten Umlaufhöhe von 2°, Alphekka 6°, Alderamin 11°, Etamin 17°, Polaris 29°, Alkaid 32°, η- Drache 33°, Kocab 44° und der Nordpol auf 51°.
Zur Überprüfung dieser Angaben bietet sich ein Poster von der Himmelsscheibe von Nebra an: Poster DIN A2
1.7. Eine Sternenuhr und 3x Procyon
In der Frühbronzezeit bildeten einige der zuvor ermittelten hellen Zirkumpolarsterne zweimal mit dem Nordpol nahezu gerade Linien, sogenannte Sternenzeiger.
Am auffälligsten waren die Sterne Vega, Etamin und η -Drache, als sie etwa zeitgleich im Meridian übereinander zu sehen waren. Dann erreichten exakt 6 Stunden später Polaris und Alkaid diese Position. Nach weiteren 6 Stunden stand erst der eine, dann der andere Sternenzeiger auf dem Kopf.
Doch das ist noch nicht alles, denn zweimal definierten die Astronomen zeitgleich mit diesen Zeigern die zuvor beschriebenen Dreieck- und Sechseck-Konstellationen! Was für eine unglaubliche und einmalige Gesamtkonstellation war gefunden worden!!!
In rund 26.000 Jahren verschiebt sich scheinbar, vor allem durch die Taumelbewegung der Erdachse, der gesamte Himmel bis er wieder seine Ausgangsstellung erreicht. Und in dieser langen Zeit formieren sich vermutlich nur sehr selten, wenn überhaupt, zwei Sternenzeigern innerhalb von exakt 6 Stunden. Ausführlicher siehe: 6 Stunden = eine 1/4 Umdrehung
Der Mechanismus dieser perfekten Sternenuhr wurde von Astronomen in Mitteldeutschland entdeckt. Damit war diese Region besonders prädestiniert. Nun konnte man das Himmelsgewölbe in vier gleiche Teile unterteilen. Auch zwischen den Solstitien und Äquinoktien war jeweils eine Viertel-Umdrehung des Firmaments wahrzunehmen. In manchen Nächsten ließ sich sogar ein Dreiviertel des nächtlichen Bogenlaufs vieler Sterne beobachten. Eine Nacht offenbarte somit bis zu drei 6-stündige Zeiteinheiten, … Nun konnten Raum und Zeit nachprüfbar viele Male im Jahr exakt unterteilt und vermessen werden. Und sicherlich ermöglichten diese Beobachtungen weitere Rückschlüsse bezüglich der Himmelsmechanik und der Mathematik.
Außerdem stand gleichzeitig mit dem vierten Sternenzeiger der Stern Procyon / Kleiner Hund genau im Ostpunkt. In dem Fall handelt es sich um das größte von allen goldenen Sternenplättchen der Himmelsscheibe. Und somit lässt sich Procyon 3x verschiedenen Sternensymbolen zuordnen. Procyon zeigt den Verlauf des Himmelsäquator an
1.8. Alle Sterne der Himmelsscheibe wurden eindeutig interpretiert!
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurden alle Sterne der Himmelscheibe eindeutig interpretiert. Dies erfolgte durch das Auffinden versteckter Beziehungen zwischen den Sternenappliktionen und den anderen Symbolen. Alle Elemente des Bildprogramms sind miteinander verwoben. Da sich diese Interpretation leicht mit einem Computerprogramm nachvollziehen lässt, sieht man, dass sich die gewonnenen Aussagen gegenseitig bestätigen!
In der Abbildung finden Sie die heute gebräuchlichen Namen der interpretierten Sterne. Zudem wurden die verschiedenen Sternengruppen, die jeweils eine Eigenschaft verbindet, farblich gekennzeichnet.
Insgesamt handelt es sich um einfache astronomische Vorgänge und vier Blickrichtungen. Alle Sterne symbolisieren die komplette Himmelsmechanik der Frühbronzezeit
Einerseits wurden in der Frühbronzezeit die Tierkreissterne (orange) an den vier extremen Auf- und Untergangsorten der Sonne beobachtet, wodurch Erkenntnisse zu den Jahreszeiten und zu den Bewegung der Planeten (grün) gewonnen werden konnten.
Andererseits definierten die Zirkumpolarsterne (blau) einen sternenlosen Nordpol, dessen Position auf der Bronzescheibe später noch zweimal durch andere Hinweise eindeutig bestätigt wird.
Und außerdem war eine große Dreieck- und eine Sechseck-Konstellation (rot) jeweils zeitgleich mit einigen der ermittelten Zirkumpolarsterne zu sehen, die übereinanderstehend mit dem Nordpol eine senkechte Linie, einen Sternenzeiger, bildeten. Zwischen diesen riesigen Konstellationen vergingen genau 6 Stunden oder, was für die damaligen Astronomen interessanter war, das gesamte Firmament vollzog einen Viertel-Umschwung.
Diese Interpretation zeigt, dass die Astronomen zur Zeit der 1. Herstellungsphase der Himmelsscheibe helle Sterne des ganzen Firmamentes kannten. Ebenso waren ihnen die unterschiedlichen Bewegungsabläufen der Gestirne und sogar die komplette Drehung des Himmelsgewölbes, in vier gleichgroßen Abschnitten, vertraut. Somit war es auch am Tage möglich, wenn die Sterne unsichtbar sind, deren ungefähre Lage zu ermitteln. Und schließletztlich könnte dadurch, unter anderem. die Bewegung der Sonne erst richtig erforscht worden sein.