Die Sichtbarkeitsdauer der Sterne aufgrund der Erdneigung

Stünde die Rotationsachse der Erde senkrecht, wären Tag und Nacht gleich lang

Wäre die Achse der sich drehenden Erde nicht gegenüber einer Senkrechten zur Erdbahn geneigt, würde die Bahn der Sonne scheinbar jeden Tag auf dem Himmelsäquator verlaufen. In dem Fall gäbe es vermutlich zwölf Tierkreisbilder entlang des Himmelsgleichers, da die Sonne, der Mond und die Planten dort vor dem Hintergrund des Sternenhimmels umherwandern würden. Doch vor allem wären Tag und Nacht dann überall gleichlang, weil die Sonne immer an demselben Ort auf- und unterginge. Und deshalb gäbe es auch nur eine Jahreszeit; entsprechend den jeweiligen Breitengraden. Ferner würde der tägliche Umschwung des Sternenzelts parallel zum Himmelsäquator stattfinden, wodurch die Gestirne die Erde ausschließlich in scheinbar horizontalen Parallelkreisen umrunden würden.

Die unterschiedliche Sichtbarkeitsdauer der Sterne

Da sich die Erde jedoch um eine geneigte Achse dreht und sie zugleich die Sonne umkreist, haben die Sterne spezifisch lange Sichtbarkeitsbereiche. Diese hängen einerseits von ihrer Helligkeit und der Länge ihrer scheinbaren Umlaufbahnen ab. Andererseits variiert dieser Zeitraum individuell, selbst bei gleichem Streckenverhältnis, durch die Stellung der Sonne unter dem Horizont. Denn, je lichtschwacher ein Stern ist und je näher er im Dämmerungslicht am Horizont steht, umso länger wird er überstrahlt.
Durch diesen Stellungsbezug zur Sonne ereignen sich im Jahreslauf eines Fixsterns oder Planeten vier besondere Auf– und Untergänge.

Nach ungefähr einem halben Jahr spiegeln sich die Zeiträume von Tag und Nacht

Das Ergebnis der zwei Drehbewegungen der Erde und der Schrägstellung der Rotationsachse wird in der Abbildung “Tageslängen und Beleuchtung der Erde am 21. Juni“ sehr gut deutlich.

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Die Sonne bestimmt welcher Bereich der Umlaufbahn eines Sternes sichtbar wird (Diercke, 1936: 21Diercke Schulatlas für höhere Lehranstalten, 77. Auflage um 1936. Verlag von Georg Westermann.).

Dort sehen wir, dass die Schattengrenze den Himmelsäquator und seine Parallelbögen wegen der Schrägstellung der Achse nicht mittig trennt. Daher geht die Sonne zur Sommersonnenwende am Nordpol nicht unter, in Richtung Süden werden die Tage immer kürzer und den Südpol erreichen keine Sonnenstrahlen.
Außerdem beträgt beispielsweise die Länge des Tagbogens der Sonne am Äquator 180 Winkelgrad und sie ist 12 Stunden lang sichtbar.

Ungefähr ein halbes Jahr später, am 21. Dezember, sind die Schatten- und Sonnenbereiche sowie die die Tageslängen genau vertauscht.

Was die Sterne betrifft, so stimmen die in der Zeichnung im Erdschatten dargestellten Streckenabschnitte der Breitenkreise, wenn wir diese Einteilung für das Weltall übernehmen, mit der räumlichen Länge einer entsprechenden Sternensichtbarkeit überein. Denn, jeder Vollkreis beschreibt einen Winkel von 360 Grad.
Ebenso können wir von den genannten Tageslängen im Gegenzug auf die Nächte und ungefähr auf die größtmögliche Sichtbarkeitsdauer einiger Sterne schließen. Allerdings müssen für jeden Stern noch die zuvor erwähnten, individuellen Verzögerungen und vier Minuten Sternenzeit berücksichtigt werden.

Fazit

Die Tageslängen entstehen, weil die Erde bei der Sonnenumrundung schief steht. Dabei ist ihre Achse einmal im Norden zur Sonne geneigt. Dann sind auf der Nordhalbkugel die Tage lang und die Nächte kurz. Es ist Sommer.
Ein halbes Jahr später, wenn die Rotationsachse von der Sonne weggeneigt ist, verhält es sich genau andersherum. Es ist Winter.
Dazwischen, an den Frühlings- und Herbst-Tag-und-Nacht-Gleichen, steht die Erdachse genau quer zur Sonne und überall herrscht eine ausgewogene Beleuchtungssituation.

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    Diercke Schulatlas für höhere Lehranstalten, 77. Auflage um 1936. Verlag von Georg Westermann.