Ein kleines ovales Symbol steht als einzigesaus der Felsoberfläche hervor.

Das herausragende Zeichen als Sinnbild für den Gott Idafe

Das einzige hervorstehende Symbol am oberen Rand der Felswand La Fajana

Ein kleines ovales Symbol steht als einzigesaus der Felsoberfläche hervor

Zuvor haben wir zwei ‘sonnenförmige‘ Felsgravuren kennengelernt, die aus detaillierten Segmenten bestehen, deren Formen große Ähnlichkeiten zu bestimmten Merkmalen zweier Berge aufweisen.
Und wir haben festgestellt, dass die Anordnung dieser Gravuren auf der Felswand mit der realen Position beider Berge übereinstimmt. Diese Feststellung führt dazu, dass wir uns als nächstes mit einer sehr kleinen, aber dafür ganz ungewöhnlichen Petroglyphe beschäftigen.

Es handelt sich um das kleine ovale Symbol direkt oberhalb der sonnenförmigen Gravur, die scheinbar den Berg Pico de Bejenado darstellt. Bei der Bearbeitung der Fotos fiel auf, dass die Unterseite dieses ‘augenförmigen‘ Zeichens im Gegensatz zu den hellen Linien häufig dunkler erscheint. Wenn diese Petroglyphe leicht aus der Felsoberfläche vorstehen würde, könnte die Sonne in einer entsprechenden Höhe einen minimalen Schattenwurf erzeugen. Diese besondere Ausarbeitung eines einzelnen Symbols wäre phänomenal und sicherlich bedeutungsvoll.

Die in ihrer Gestaltungsform einmalige Petroglyphe scheint das berühmteste Inselheiligtum von La Palma zu symbolisieren

Ein einmailge Symbol für das Inselheiligtum

Bei der Untersuchung vor Ort, stellten wir schnell fest, dass die Basaltwand in diesem Bereich ziemlich glatt ist, weshalb es umso verwunderlicher ist, dass sich dieses Symbol, als einziges von allen Gravuren der Felswand, als leicht erhaben erweist. Demnach wird die Oberfläche des Steins, um das ovale Segment herum, vermutlich vorsichtig abgeschliffen worden sein. Dieser hoch interessante Befund bekräftigt die Annahme, dass es sich diesmal, um die Versinnbildlichung eines Basaltfelsen handeln könne, an dem die Ureinwohner ritualen Opferhandlungen vollzogen. Eine Vermutung, die einerseits durch die Positionen des Symbols und anderseits durch den Standort des entsprechenden Monolithen, in Bezug zu den jeweils angrenzenden Elementen, bestätigt wird.

Die erhabene Felsgravur scheint einer Felsnadel zu entsprechen, die schon von den Ureinwohnern verehrt wurde

Und tatsächlich, es erhebt sich im Krater der Caldera de Taburiente, nördlich und zu Füßen des Berges Pico de Bejenado, eine auffällige und rundum sichtbare Felsnadel. Es handelt sich um den heiligen Roque de Idafe. Dieses Landschaftselement ist einerseits äußerst prägnant und andererseits war dies früher die wichtigste Kultstätte der ganzen Insel. Aus diesen Gründen erscheint das einfache Oval, welches als einziges Symbol, am oberen Rand der Felsbildstation El Lomo de La Fajana, erhaben ausgearbeitet wurde, als Sinnbild bestens geeignet. Zumal die räumliche Position des Felsen von Idafe, wie schon erwähnt, in heutigen Landkarten sowie auch in der mutmaßlichen Landkarte der Ureinwohner (eben in jener Felsbildstation), in Bezug zu den anderen Landschaftselementen in einer räumlich entsprechenden Beziehung steht.

Vom Gipfel des Pico de Bejenado kann man in dem Vulkankrater Caldera de Taburiente eine kleine markante Felsnadel sehen.
Blick vom Gipfel des Berges Pico de Bejenado in den Vulkankrater Caldera de Taburiente, in dessen Zentrum sich auf einem Bergrücken die markante und rundum weit sichtbare Felsnadel Roque de Idafe erhebt.

Die mögliche Bedeutung und Verwendung des Wortes Idafe

„Ydafe (von *idaf, n. vb. perf. m. lit. ‘Unterwerfung’, ‘Wachsamkeit’, fig. er ‘bewacht’). 1. La Palma. ant. desus. Rel. Gott. 2. La Palma. Toponym. Name des Felsens, eingeschlossen in dem alten Kanton Acero, wo die Gottheit verehrt wurde. Expr. t.(auch genannt): Aidafe, Idafe, Ydaf. 3. V. Frs. und Yguída, Yguan, Ydafe. Lexem: Ḍ·F : 1. Wurzel schlagen, unterwerfen, angehen, fangen. 2. fig. Bewachen. 3. Überwachen, auflauern (Taš)“ (SHAC, 20121SHAC (2012). Ínsuloamaziq. Diccionario histórico-etimológico del amaziq insular (Canarias). Islas Canarias: Fondo de Cultura Ínsuloamaziq. 22. September 2012. http://insuloamaziq.blogspot.com.es).

Schriftliche Überlieferungen über den Roque de Idafe

„In dem Gebiet Aceró oder La Caldera gab es einen sehr hohen Roque, Idafe genannt, der den Bewohnern dieses Bezirks als Pyramide diente und dem sie Ehrerbietung erwiesen. Sie boten ihm die Eingeweide der geopferten Tiere an und seinen Fall fürchtend, sangen sie Bittgebete mit diesen Worten: Iguida Iguan Idafe, was bedeutete: ‘Er sagt, dass Idafe fallen würde.’ Und der, der die Opfergabe brachte antwortete: Que guerte Iguan taro: ‘Gib ihm das, was du bringst und er wird nicht fallen.’ Das sagend, warfen sie die Eingeweide und ließen sie am Fuße des Roque liegen, damit sie den Raben als Fraß dienten. Sie verehrten auch die Sonne und den Mond, und es scheint, dass sie eine schädliche Macht erkannten, Irnene genannt, die dem Guten gegenüberstand, was den Namen Abora erhielt” (Millares Torres 1977; mit Zitaten von Abreu Galindo und Marín de Cubas: 2262Millares Torres, A. (1977). Historia General de las islas Canarias, Tomo I. Editora Regional Canaria, Las Palmas de Gran Canaria.).

Fray Juan de Abreu Galindo zu den religiösen Handlungen der Palmeros

„Die Palmeros waren gottesfürchtig, und jeder Anführer hatte in seinem Bezirk einen Ort, an dem sie ihren Gottesdienst abhielten. Die Anbetung war folgendermaßen: Sie trugen viele Steine zu einem pyramidenförmigen Haufen zusammen, der so hoch war, wie man aus losen Steinen aufschichten konnte. Und an den Tagen, die sie für ihre Andachten vorgesehen hatten, versammelten sie sich alle um diesen Steinhaufen herum und sie tanzten, sangen traurige Liebeslieder, kämpften und praktizierten andere Formen der Anbetung, die sie pflegten. So waren ihre Feste der Andacht. Andererseits entging es ihnen nicht zu begreifen, dass es im Himmel einen gab, den sie anzubeten hatten. Und als sie verstanden hatten, dass er Himmel war, nannten sie Abora.

Von dieser Position aus wirkt der Roque des Idafe wie eine menschliche Gestalt.

Aber der Anführer oder Herr von Acero, der Caldera, hatte diese Steinhaufen nicht. Denn zwischen dem Geburtsort von den zwei Gewässern, die in diesem Gebiet entspringen, befindet sich ein sehr schlanker, mehr als hundert Klafter (brazas) hoher Felsen oder Felsblock, wo sie Idafe verehrten. Wegen dieser Anbetung wird er heute Felsen des Idafe genannt. Zudem fürchteten sie sich so sehr davor, dass er herunterfallen und sie töten könnte, dass sie nicht beachteten, dass selbst, wenn er umfiele, er ihnen nichts anhaben könnte, weil ihre Behausungen so weit entfernt waren. Allein aus dieser Furcht heraus kamen sie überein, dass sie Idafe die Innereien von allen Tieren, die sie zum Essen töteten, geben sollten. Und als das Tier getötet war und die Innereien herausgenommen waren, gingen zwei Personen damit weg. Als sie zu dem Felsen kamen, sagte derjenige, der die Innereien trug, singend: y Iguida, y Iguan Idafe, was bedeutet: und er sagt, dass Idafe fallen wird. Und der andere antwortete und sang: que guerte y guan taro, was bedeutet: Gib ihm, was du bringst, und er wird nicht fallen. War dies gesagt, so warf er sie, und er fand die Innereien. Sie gingen weg und überließen sie [die Innereien] als Futter für die Raben und Seeadler, die man auf dieser Insel guirres nannte (Abreu Galindo, (1632:1753Abreu Galindo, Fray Juan de (1632). Historia de la conquista de las siete islas de Gran Canaria. Santa Cruz de Tenerife. Imprenta, Lithografia y Libreria, Isleña. Regente, Miguel. Miranda. LIBRO TERCERO Y ÚLTIMO. De la conquista de las dos islas fortunadas, La Palma, y Tenerife.).

Diese Erzählung konnte allerdings bisher nicht archäologisch bewiesen werden.

Fotos zeigen das Inselheiligtum im Zentrum der Caldera aus vielen Blickrichtungen

Die folgende Fotostrecke zeigt den heiligen Felsen der Ureinwohner, den Roque de Idafe, aus verschiedenen Blickwinkeln und zugleich von unterschiedlichen Höhenlagen. Durch diese Aufnahmen wird einem bewusst, dass es sich um die markanteste Erhebung im Zentrum der Insel handelt. Denn man kann diese auffällige Felsformation mit bloßem Auge von vielen Stellen des Kraterrandes, vom Gipfel des Berges Pico de Bejenado und von den Ufern der Angustiasschlucht sehen.

Das erste Foto entstand in der Caldera, kurz nach einer Rast am Zeltplatz mit dem Strand Playa de Taburiente, beim Abstieg in die tiefe Schlucht Barranco del Almendro Amargo. Auf dieser Wanderung stellt sich der schlanke Roque de Idafe vor dem Hintergrund des mächtigen Pico de Bejenado besonders eindrucksvoll zur Schau. Mit jedem Schritt wird er zunächst nicht nur größer, sondern er erhebt sich zugleich immer höher und mächtiger über dem Betrachter, wobei sich sein Erscheinungsbild stetig wandelt. Mal wirkt der steinerne Pfeiler wie ein Finger, dann wie ein Phallus, ein Paar, eine Familie … oder wie ein Mann mit hoher Stirn und einem Hut. Und er scheint aus einem anderen Gestein zu sein, als der Untergrund. Hat er wie ein Baum unsichtbare Wurzeln, dass er nicht umfällt?

Das ‘bröckelige’ Gestein des Roque de Idafe

Es handelt sich um Brecha beziehungsweise Breccia.
Vulkanische Breccien bestehen aus verschiedenartigen eckigen Gesteinsfragmenten und Mineralsubstanzen vulkanischen Ursprungs, die durch Eruptionslava miteinander verbunden sind.

MEHR DAZU

.

War der berühmte Roque de Idafe früher imposanter?

„Der Idafe selbst ist, vom Sattel aus gesehen, kaum mehr als 40 m hoch und n i c h t aus gewachsenem Fels; vielmehr besteht er aus einem extrem brüchigen, konglomerat-ähnlichem Gestein, das – sozusagen – unter der Hand zerbröckelt; eine Erkletterung ist nicht möglich” (Nowak, 19884Nowak, Herbert (1988). Der “Felsen des Idafe” in der Caldera de Taburiente – Insel La Palma. Almogaren XVIII-XIX/1987-88. Hallein 1989. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017. S. 40.).

MEHR DAZU

.

Hier folgt einer der selten deutschsprachigen Texte zur Geschichte der Ureinwohner und dieser Blog enthält interessante Fotos und Infos, die zu einem Urlaub auf La Palma anregen: Insel La Palma

Weiterlesen: Die Felsgravur für El Hoyo-Peña del Diablo


  • 1
    SHAC (2012). Ínsuloamaziq. Diccionario histórico-etimológico del amaziq insular (Canarias). Islas Canarias: Fondo de Cultura Ínsuloamaziq. 22. September 2012. http://insuloamaziq.blogspot.com.es
  • 2
    Millares Torres, A. (1977). Historia General de las islas Canarias, Tomo I. Editora Regional Canaria, Las Palmas de Gran Canaria.
  • 3
    Abreu Galindo, Fray Juan de (1632). Historia de la conquista de las siete islas de Gran Canaria. Santa Cruz de Tenerife. Imprenta, Lithografia y Libreria, Isleña. Regente, Miguel. Miranda. LIBRO TERCERO Y ÚLTIMO. De la conquista de las dos islas fortunadas, La Palma, y Tenerife.
  • 4
    Nowak, Herbert (1988). Der “Felsen des Idafe” in der Caldera de Taburiente – Insel La Palma. Almogaren XVIII-XIX/1987-88. Hallein 1989. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017. S. 40.