Schlagwort-Archive: Mondwende

Die Sonnen- und Mondwenden und die Horizontbögen

 Die beiden randlichen Objekte der Himmelsscheibe von Nebra, von denen nur eines erhalten ist, deuten wir als sogenannte Horizontbögen, sie zeigen die Pendelbereiche der Sonne. Hält man die Scheibe horizontal, so bezeichnet der rechte Bogen den Bereich, innerhalb dessen die Sonne während eines Jahres aufgeht: am oberen Rand am 21. Juni und am unteren Rand am 21. Dezember. Entsprechendes gilt für die linke Seite, die Seite der Sonnenuntergänge.“ [1]
2. Phase MondwendenDurch die Horizontbögen lassen sich laut Prof. Wolfhard Schlosser exakte Himmelsrichtungen festlegen, die alle unsere bisher ermittelt Richtungen vertauschen. Norden mit Süden und Osten mit Westen. Denn nun sind die Bewegungen des Taghimmels ergänzt worden. Wenn die Sonne am Tage überm Himmelsrand steht, ist die Nacht mit den Sternen in der anderen Himmelshälfte. Deshalb wird für die neuen Symbole des Taghimmels die Bronzescheibe um 180° gedreht. Die Goldelemente des Nachthimmels sind nun wegzudenken, denn jetzt zählt nur die Sonnenbeobachtung im Pendelbereich der Auf- und Untergänge, die anhand der Horizontbögen hervorragend die bisherigen Bildinformationen ergänzen.

Harald Gränzer hat folgende Beobachtung gemacht: „Die beiden Horizontbögen der Himmelsscheibe von Nebra werden jeweils an ihren beiden Enden durch deutlich lineare Abschlüsse begrenzt. Diese linearen Begrenzungen weisen alle deutlich in eine einzige Richtung. Die einzige Ausnahme bildet der nördliche Abschluss des östlichen Bogens, der in drei linearen Begrenzungen abschließt.“ [2]
Auch wenn die Linien durch die kurzen Bogenenden der beiden Horizontbögen sich leicht variabel ziehen lassen, lässt sich nicht leugnen, dass sie alle in der Hauptrichtung auf die Kreisscheibe zeigen. Dies könnte eine Hilfestellung sein, damit wir in den Randbögen auch die Sonne erkennen.
Norbert Gasch hat dazu eine bessere Idee: „Jetzt zeigt sich, dass sich diese Randbögen auch anders interpretieren lassen, und zwar als Mondwenden. … Geht man indessen davon aus, dass die auffällige runde Markierung, allgemein als Sonne verstanden, das Zentrum der Betrachtung darstellt, wodurch man sich durch die Führung der oberen und unteren radialen Kanten der beiden Bögen auch veranlasst sehen kann, so ergeben sich zwei Winkel, die 109 und 66 Grad weit sind. Die mathematische Berechnung führt im Mittel zu einer geographischen Breite von 53,5 Grad, die refraktions- und parallaxenbereinigt etwa 52,6 Grad Nord ergibt.“ [3]

Berechnungen der geographischen Breite können nur ein ungefähres Ergebnis liefern, da die Höhe des Horizontrandes mit eingerechnet werden muss. Doch bisher wissen wir nicht, wo die Himmelsscheibe von Nebra tatsächlich gefertigt wurde, auf welcher Höhe daher der Beobachtungsort selber liegt und ob nicht  vielleicht durch Berge oder Gebirgszüge einzelne Gestirne am Horizontrand weiter südlich auf- und untergehen.

Wir stellen auch fest, dass sich der Standort des Beobachters auf der Himmelsscheibe geändert hat! Zuvor haben wir gedanklich im Mittelpunkt der Nord-Süd- und Ost-West-Achse gestanden. Zur Beobachtung der Mondwenden haben wir nun die Erde mit dem Horizontkreis um uns herum verlassen und sind in den Mittelpunkt der goldenen Kreisscheibe >gewandert<. Diese goldene Kreisscheibe symbolisierte zuvor die Sonne und / oder den Vollmond. Doch die Winkel der Mondwenden zeigen, wie die Horizontbögen, annähernd denselben Breitengrad der Erde! Symbolisiert die Kreisscheibe demnach nun auch die Erde?

Da für die beiden großen Kreiselemente verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zutreffen, die sich gegenseitig widersprechen, scheinen nun auch die Randbögen eine doppelte Bedeutung zu haben.


[1] Harald Meller (2005), “Der geschmiedete Himmel” – Wolfhard Schlosser: Die Himmelsscheibe von Nebra – Astronomische Untersuchungen
[2]
Harald Gränzer, Das goldene Tor der Ekliptik,  www.analogika.info/nebra/interpret.html
[3]
Norbert Gasch,
Eine vollständige Interpretation, www.astronomie.de/bibliothek/artikel-und-beitraege/himmelsscheibe-von-nebra/eine-astronomische-interpretation/

Mehr dazu: Die beiden Randbögen

Stonehenge: Die Mondwenden mit Finsternisvorhersagen

In Stonehenge konnte man, laut Dr. G. S. Hawkins, vom Mittelpunkt aus über den Steinen, die vermutlich einmal in den Löchern D und F standen, bei Mondaufgang die großen und kleinen nördlichen Mondwenden beobachten. Diese absoluten Extremstellungen treten alle 9,3 Jahre auf.

Mondwenden und Finsterniserscheinungen über dem Heelstone„Beobachtete ein Astronom nun vom Mittelpunkt aus die Mondwenden über den Steinen D und F, wird er über Jahre hinweg mehrmals Mondfinsternisse erlebt haben.
Diese Zeichnung nach Dr. G. S. Hawkins zeigt exemplarisch wie in Stonehenge Mond- und Sonnenfinsternisse, für einen Zeitraum von etwa 300 Jahren, über dem Fersenstein oder Heelstone zur Sommersonnenwende und den Steinen D + F zur großen und kleinen Mondwende, scheinbar stehen blieben. Es könnten natürlich zu anderen Zeiten genauso die Sonnenfinsternisse über den Steinen D + F eintreten und die Mondfinsternisse über dem Heelstone oder jeweils dazwischen, aber immer auffällig beieinander. Die Finsternisse standen oft einige Jahre lang in der Nähe der Markierungssteine scheinbar still, bis sie sich doch ganz langsam zwischen den Steinen verschoben. Die Erbauer von Stonehenge könnten durch jahrelange Aufzeichnungen einen Zahlenwert ermittelt haben mit dem sie die Finsternisse ungefähr vorhersagen konnten.” [1]
Mondfinsternisse treten nur ein, wenn sich Vollmond und Sonne in den Mondknoten gegenüber stehen und Sonnenfinsternisse nur, wenn der Neumond vor der Sonne in demselben Mondknoten steht. Die räumliche Verschiebung liegt an der Wanderung der Mondknoten auf der die Ekliptik in 18,6 oder 2x 9,3 Jahren.

Wollten die Himmelsbeobachter die Mondwenden, die zeitlich auch mit dem Erscheinen vo9,10,9,9,10n Finsternissen verbunden sind, in ganzzahligen Jahren mitzählen, kam die Zahlenfolge 9-9-10 dem Wert von 9,3 Jahren am nächsten.

Nach Hawkins Theorie wurde in Stonehenge schon um 2550 v. Chr. an den 56 Aubrey-Löchern mit Markierungssteinen die Zahlenfolge 9-9-10-9-9-10 festgehalten, um mögliche Finsternisse zwischen den Steinen D und F zu verfolgen.

Auch die Himmelsscheibe von Nebra könnte, zusätzlich zum Zählkalender, das Wissen um die Ermittlung von ungefähren Finsterniszeiträumen beinhalten. Denn in die beiden Horizontbögen sind jeweils 9 Löcher und am leeren >Randviertel< der Bronzescheibe 10 Löcher gestanzt worden.
Damit war auch hier eine fortlaufende Zählung 9, 10, 9, 9, 10, 9, 9, 10, … sichtbar gegeben.
Vermutlich wollte der Verantwortliche für diese Randlochungen, durch die Anzahl und Anordnung der Löcher in Zahlengruppen, wieder möglichst viele seiner astronomischen Erkenntnisse zeigen.


[1] Zeichnung und Text: Rolf Müller (1989 ), “Der Himmel über dem Menschen der Steinzeit”, Finsternisse in Stonehenge über den Steinen D + F

Mehr dazu: Mondwenden und die Finsterniserscheinungen