Als 5. Herstellungsphase gilt der Verlust eines Horizontbogens, da die Himmelsscheibe ohne ihn deponiert wurde. Und diese rituelle Zerstörung könnte Teil der Beerdigungszeremonie gewesen sein.
„Auf jeden Fall war er schon vor der Deponierung fort oder er bestand aus einem vergänglichen Material” (Wunderlich, 2004; [1]).
„Für ihn konnten keine Kontaktspuren aus Gold nachgewiesen werden” (Meller, 2010; [2]).
Vielleicht gab es ihn auch nie, weil es ohne ihn viel leichter fiel in der Kreisscheibe auch die Erde mit den Höhenwinkel zu erkennen und die verschiedenen Rhythmen der Locheinheiten waren eindeutiger zuzuordnen und abzuzählen. Aber warum wurde dann der Stern versetzt? Oder existierte anfangs gar ein zweiter Stern oder war er nur angedeutet, weil an dieser Stelle jeweils ein Stern zum Frühlings- und zum Herbstäquioktium aufgingen?
„Sollte das Herabreißen des Goldbogens mit der Deponierung der Himmelsscheibe und ihrer Beifunde in Zusammenhang stehen, so würde es sich um eine rituelle Zerstörung des Bildnisses handeln. Die Deponierung der Scheibe wäre folglich als Opfer an die Götter zu betrachten. – Auch der letzte Besitzer der Himmelsscheibe muss der Führungsschicht Mitteldeutschlands angehört haben. Schließlich war er in der Lage, einen auch materiell äußerst wertvollen Fund zu opfern. Hinweise auf den letzten Besitzer liefern die Beifunde der Himmelsscheibe. Gehörten Beile, Meißel und Armspiralen zum üblichen Inventar von Opferdepots, so waren die Schwerter äußerst kostbar und technisch innovativ. Vor allem die Doppelung der Gegenstände und die Verwendung von Gold und Bronze in Kombination erinnern an den älteren Fürstengräber-Horizont. Daher kann zumindest hypothetisch angenommen werden, dass die Beifunde Teil der Ausstattung des letzten Repräsentanten waren” (Meller, 2010; [3]).
Unklar ist, wann der westliche Horizontbogen tatsächlich verloren ging oder entfernt wurde. Zudem ist der Rand der Bronzescheibe ungleichmäßig abgenutzt, um bis 2mm, wodurch auch der äußere Tauschierkanal des fehlenden Horizontbogens zum großen Teil nicht mehr vorhanden ist. Einige der Randlöcher erscheinen durch die Abnutzung eher sanft ausgeschliffen, andere dagegen ausgebrochen.
„Während der Entwicklung der Himmelsscheibe wurde sie von einem rationalen Gegenstand persönlicher und verborgener Erinnerungen sowie exklusiven, machtvollen Geheimwissen zu einem öffentlich präsentierten Kultbild, dessen Nutzern der eigentliche Sinn, nämlich die ursprüngliche kalendarische Bedeutung (Plejadenschaltregel), nicht mehr bekannt war” (Meller, 2013; [4]).
Dagegen spricht, dass die Horizontbögen schon in der 1. Phase geplant gewesen sein müssen, da von ihnen aus der Mittelpunkt der goldenen Kreisscheibe ermittelt wurde, um die Mondwenden darzustellen. Außerdem liegt im Kreuzungspunkt der Verbindungslinie zwischen den Enden des Sonnenbogens und dem Meridian, genau der Nordpol. Das bedeutet, dass in der 3. Herstellungsphase noch die Zirkumpolarsterne der 1. Phase bekannt waren. Das Juni-Monatsloch befindet sich in der Mitte des Sonnenbogens. Und „am Deponierungsort zeigt der Brocken als Sichtachse die Sommersonnenwende an und somit ist eine Verbindung zur 2. Phase gegeben” (Schlosser 2004, Seite 44 – 46).
Somit scheinen die Bildinhalte der vier Herstellungsphasen zwar nicht alle aufeinander aufzubauen, aber da sie miteinander in Beziehungen stehen, können sie nicht in Vergessenheit geraten sein (1→2; 3←1; 4→3; 5←2).
[1] Wunderlich, Christian-Heinrich. 2004. Der geschmiedete Himmel- Die weite Welt im Herzen Europas vor 3600 Jahren. Hrsg. Harald Meller: Seite 41.
[2] + [3] Meller, Harald. 2010. Der Griff nach den Sternen – Internationales Symposium in Halle (Saale) 16. – 21. Februar 2005; Band 5/1/2010: Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle: Seite 63; Seite 69+70.
[4] Meller, Harald. 2013. 1.600 – Kultureller Umbruch in Schatten des Thera-Ausbruchs? – 4. Mitteldeutscher Archäologentag vom 14. – 16. Oktober 2011 in Halle; Band 9/2013: Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle: Seite: 494.
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