Fürst von Leubingen wurde um 1950 v.Chr. hochherrschaftlich bestattet

Beziehungen zwischen der Himmelsscheibe und jenem Fürsten

Der Fürst von Leubingen könnte der Schöpfer der Himmelsscheibe sein.
„Vergleicht man die Zusammensetzung der Funde […] der Frühbronzezeit mit der Kombination der Objekte aus Nebra, so fällt eine enge Übereinstimmung mit dem mehr als 300 Jahre älteren Fürstengrab von Leubingen auf. In etwa 30 Kilometer Entfernung vom Mittelberg gelegen (Fundort der Himmelsscheibe), wurde der weithin sichtbare Großgrabhügel bereits 1877 entdeckt und ausgegraben. […] Das Grab enthielt jedoch zwei Bestattungen: die eines Erwachsenen, des Fürsten, und eines 10-jährigen Kindes, das man quer über die Leiche des Alten gelegt hatte. […] Das Inventar zeigt dieselbe Doppelung wie die Funde vom Mittelberg. Dazu kommt noch eine funktionale Übereinstimmung der Fundobjekte von Leubingen und Mittelberg. […] Anstelle des Leichnams mit seiner goldenen Trachtausstattung tritt die Himmelsscheibe von Nebra […], kommt man zu dem Schluss, dass der Hort als Fortsetzung der Tradition der Fürstengräber gewertet werden kann” (Meller, 2008, S. 96 1).

“Beide Fürsten (Leubingen und Helmsdorf) besaßen eine identische Aussstattung an Gold: je zwei Gewandnadeln, zwei Lockenringe, ein Spiralröllchen und einen massiven Armring. […] Nun war es schon erstaunlich genug, dass über 110 Jahre hinweg ein identischer goldener Fürstenornat bestand, der allenfalls in den Verzierungen ein wenig variierte. Trotzdem waren die von Nicole Lockhoff und Ernst Pernicka durchgeführten Goldanalysen noch einmal eine Überraschung. Die massiven Armringe aus den beiden Gräbern stimmten hinsichtlich der Spurenelemente so sehr überein, dass sie aus einer Goldquelle kommen mussten. Auch je eine Gewandnadel aus Leubingen und Helmsdorf und die kleinen Spiralröllchen waren aus den gleichen Sorten Gold gefertigt. […] Es war das Cornwall-Gold, […] Es war die Sorte Gold, aus dem die astronomischen Objekte der 1. und 2. Bearbeitungsphase der Himmelsscheibe gefertigt wurden. Und es war jenes Gold aus dem auch die Griffmanschetten der beiden Nebra-Schwerter bestanden. Das Gold der Himmelsscheibe und das Gold der Fürsten stammen beide aus derselben Quelle.
Damit haben wir eine symbolische und materielle Verbindung zwischen dem um 1940 v.Chr. bestatteten Fürsten von Leubingen, dem nach 1830 v.Chr. bestatteten Fürsten von Helmsdorf und den um 1600 gefertigten und deponierten Schwertern sowie der Himmelsscheibe (Meller & Michel, 2020, S. 2132).

Die Grabkammer des Fürsten von Leubingen mit den zwei kreuzweise übereinanderer liegen Skeletten.
Die Grabkammer im Leubinger Fürstenhügel3

„Der Fürst von Leubingen wird auf Grund der Schmiedeutensilien, die seinem Grab beilagen, mit der Bronzeverarbeitung in Verbindung gebracht. Sein Todesjahr: 1942 v.Chr. Dieser Mann hatte die Kenntnisse oder Fähigkeiten die Himmelsscheibe von Nebra herzustellen oder herstellen zu lassen” (Terra X, 20074).

Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens: Bronzezeitfürst von Leubingen

Die Bestattung im Grabhügel

Die Bestattung in diesem Grabhügel wurde von Prof. Dr. Friederich Klopfleisch (1877) folgendermaßen beschrieben: „In der Längenrichtung von Süden nach Norden lag in der Mitte des Dielenfußbodens ein menschliches Skelett ausgestreckt, das von einem Greise herrührte. Quer über der Mitte oder Hüftgegend dieses Skeletts lag kreuzweise ein anderes, das aus den Beigaben als weibliches zu erkennen war, und das von einem jugendlichen Individuum im Alter von etwa 10 Jahren herrührte, […]
An derselben Stelle wie diese Dolchstabklinge, mit ihr gekreuzt, lag eine Dolchklinge, und weiter oberhalb, schon nahe dem rechten Knie fand sich noch ein Paar gekreuzter Dolchklingen. […]

Fürsten von Leubingen. Die kostbaren goldenen Grabbeigaben.
Gekreuzte Gewandnadeln

Die goldenen Gewandnadeln hingegen lagen, über der Kreuzungsstelle mit dem kindlichen Skelette, also über der Hüftgegend, auf den gekreuzten Körpern der Hauptrichtungen” (Höfer, 1906, S. 16, 20, 245).
Zu den Gewandnadeln zeichnete Klopfleisch die linke Skizze mit dem dazwischen befindlichen Spiralröllchen.

Die beiden Skelette sowie drei Grabbeigaben wurden gekreuzt niedergelegt

Für die kreuzweise bestatteten Menschen und die drei gekreuzten Grabbeigaben könnte man, aufgrund der Erkenntnisse aus dieser Theorie zur Himmelsscheibe von Nebra, zu folgenden astronomischen Interpretationen kommen: Die Positionen der bestatteten Körper könnten die vier Haupthimmelsrichtungen symbolisieren, jene imaginären Linien, die sich auf der Erdoberfläche immer im Zentrum des Horizontkreises kreuzen, also sozusagen die durch den Beobachter verlaufenden Nordsüd- und Ostwestlinien. Die beiden gekreuzten Dolchpaare könnten für den Himmelsäquator und den dazu rechtwinkligen verlaufenden Meridian sowie für die Hoch- und Flachstellung des Tierkreises beiderseits der Ekliptik, zu den Tag-und-Nacht-Gleichen stehen. Und die diagonal gekreuzten Gewandnadeln symbolisieren vielleicht die westliche und östliche Extremstellung des Tierkreises zu den Sonnenwendterminen.

Der Fürst verkörpert die Hauptrichtung und nur durch einen weiteren Toten, in dem Fall ein Kind, das aufgrund seiner goldenen Ausstattungsgegenstände mindestens dem gehobenen gesellschaftlichen Stand angehörte, konnte die zweite Hauptrichtung veranschaulicht werden. Ein Dolch, quer über den Körper des Fürsten gelegt, wäre nie so aussagekräftig gewesen, als dass es sich um zwei ähnlich wichtige Linien handeln könnte. Aber zwei gekreuzte und gestreckte Körper müssten einen Betrachter zur Suche einer doppelten, gleichwertigen und wichtigen Aussage bewegen können. Zudem wurden die Menschen in der Frühbronzezeit eigentlich nur in seitlicher Lage mit angewinkelten Armen und Beinen, als sogenannte >Hocker<, bestattet.

Hypothesen aufgrund der geheimnisvollen und ungewöhnlichen Bestattung – Fürst von Leubingen

Die Bedeutung der Symbole der Himmelsscheibe könnte durch diese ungewöhnliche Bestattungsform vom vermutlichen Schöpfer an einen neuen Herrn der Himmelsscheibe weitergegeben worden sein, denn sonst hätten die Lebenden nicht versucht, die wichtigen Himmelslinien durch vier Kreuzstellungen anzudeuten. Die Nachwelt sollte, falls sie das Grab einmal öffnet, durch die ganz einmalige, besondere Grablegung im Idealfall einen Bezug zur Himmelsscheibe oder aber zumindest zu einem Himmelskundigen herstellen können.

Vermutlich hatte der neue Herr der Himmelsscheibe einen Vertrauten seiner Wahl, denn zur Vermessung von Gestirnen sind immer zwei Menschen nötig. Daher könnte das Kind, das vielleicht der Helfer des Fürsten war, geopfert worden sein, wodurch zugleich das geheime Wissen geschützt würde. Der oder die Bestatter wussten was sie taten, wobei ich mir von Herzen wünsche, dass das Kind eines natürlichen Todes gestorben ist. Dies ist aber nicht unbedingt realistisch, da einige archäologische Funde aus Mittedeutschland auf Menschenopfer und sogar möglicherweise auf Kannibalismus, in der Frühbronzezeit, hinweisen.

Zudem wurde der Fürst als alter Mann bezeichnet und es ist möglich, dass der Fürst somit aufgrund seines hohen Alters gestorben war. Aber es erscheint unwahrscheinlich, dass dann ein Kind im Alter von rund 10 Jahren zufällig in derselben Zeit eines natürlichen Todes starb.

Gibt es eine schönere Deutungsmöglichkeit für die goldenen Sterne der Himmelsscheibe, als dass diese den gesamten Himmel in all seinen unterschiedlichen Bewegungsabläufen darstellen könnten?

Trotz enormer Leistungen werden die Fähigkeiten der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer unterschätzt

Wie würden Sie auf einem DinA4 Blatt Zirkumpolarsterne mit einem sternenlosen Nordpol, den Tierkreis, Jahreszeiten- und Zeitsterne, Wandelsterne, Sonne und Mond mit möglichst wenigen Elementen zeichnerisch darstellen?

Auf jeden Fall war das Wissen über die Himmelsabläufe in der Bronzezeit in Mitteldeutschland schon viel größer, als wir bisher angenommen haben. Es hatte sich zu einer richtigen Wissenschaft mit Aufzeichnungen, Rechnungen, Längenangaben, Winkeln und Zeiteinteilungen entwickelt.

Weiterlesen: Alle Sterne symbolisieren die komplette Himmelsmechanik der Frühbronzezeit


  1. Meller, Harald (2008). Der Körper des Königs. In H. Meller (Hrsg.) Der geschmiedete Himmel. Die weite Welt in Herzen Europas vor 3600 Jahren. Begleitband zur Sonderausstellung (Haale [Saale]. Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart. ↩︎
  2. Meller, Harald & Michel, Kai (2020). Die Himmelsscheibe von Nebra Der Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas. 1. Auflage. Ullstein Taschenbuch. ↩︎
  3. Zeichnung von Friederike Hilscher-Ehlert. In Ernst Probst (1996). Deutschland in der Bronzezeit. ↩︎
  4. Cora Szielasko (Produktion ZDF) & Michael Gregor (Regie). (2010). Herr der Himmelsscheibe – Der Jahrtausendfund von Nebra. Terra-X, ZDF. ↩︎
  5. Höfer, P. (1906). Der Leubinger Hügel. Jahresschrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder, 5. Band. Der Leubinger Hügel (S. 1-59). Druck und Verlag von Otto Hendel. ↩︎